Harry Potter in Kamenz: So war das Konzert auf dem Hutberg

© Anne Hasselbach
Kamenz. Als Moderatorin Julie Lund mit dem Publikum gemeinsam zaubern will, steht Dumbledore an der Bar. Der Direktor von Hogwarts, der wohl berühmtesten Schule der Welt, hat sich gerade ein kaltes Getränk genehmigt. Das Publikum hält brav die Zauberstäbe und Finger in die Höhe, bis Dumbledore zurück an seinem Platz ist. “Expecto Patronum”, ruft der Chor dann in die laue Nacht auf der Hutbergbühne und das Filmorchester spielt die passende Musik.
Es ist wohl kaum der “echte” Dumbledore, der sich da ins Publikum geschlichen hat, auch wenn in der Zauberwelt alles möglich ist. Sicher ist aber, dass man es dem Mann mit dem langen, silbergrauen Bart nicht verdenken kann, dass er sich etwas an der Bar bestellt hat. Der Weg auf den Hutberg ist lang und steil, die Temperaturen am Sonnabend, dem bisher wärmsten Tag des Jahres sind auch nach 20 Uhr noch erdrückend hoch.
Trotzdem haben sich knapp 400 Harry Potter Fans auf den Weg gemacht, um “The Magic Music of Harry Potter” live zu hören. Ein Orchester aus der Westukraine, das Iwano-Frankiwsk Symphony and Philharmonic Orchestra, spielt die beliebtesten Filmmusiken aus zehn Jahren Filmgeschichte.

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Fans haben sich auf Hutberg-Konzert vorbereitet
Der Zauberschüler Harry Potter und seine Abenteuer auf der Zauberschule Hogwarts wurden schon durch die Bücher der britischen Erfolgsautorin J.K. Rowling bekannt. Als 2001 dann der erste Teil “Harry Potter und der Stein der Weisen” verfilmt wurde, strömten Millionen Menschen in die Kinos. Zehn Jahre später erschien mit “Harry Potter und die Heiligtümer des Todes” der letzte Teil auf Leinwänden in aller Welt. Einer, der auch Fan war, wurde selbst Teil des Harry Potter Casts. Tolga Safer spielte im vierten Teil bei “Harry Potter und der Feuerkelch” den Assistenten des Schulleiters einer anderen Schule, die für das Trimagische Turnier nach Hogwarts kam.
“Die Rolle gab es eigentlich gar nicht”, verrät der Überraschungsgast dem Publikum. Safer hatte sich für eine andere Rolle beworben. Die bekam er zwar nicht, doch trotzdem hinterließ Safer Eindruck. Die Filmschaffenden bastelten ihm kurzum eine neue Rolle für die Verfilmung. “Ich war wohl der einzige Charakter, für den eine Filmrolle erfunden wurde”, sagt Safer. Glücklicherweise musste er keine Quidditchszenen drehen, sagt er. Quidditch ist der Nationalsport in der Zauberwelt, gespielt auf einem Besen. “Es ist wirklich unbequem, zehn Stunden da drauf zu sitzen”, sagt Safer zur Erheiterung des Publikums.

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Die sechs Monate am Set seien die besten seines Lebens gewesen, sagt der britische Schauspieler auf Englisch. “In die große Halle zu laufen, die Türen zu öffnen und die Trommeln schlagen zu hören, das ist ziemlich cool”, schwärmt er. Die Harry Potter Fans verstehen nur zu gut, was er meint. Viele von ihnen sind schon seit Jahren Fans. “Ich habe mir extra nochmal alle Filme angeschaut, um die Musik im Ohr zu haben”, sagt Antonia Finkeisen aus Lohsa. Sie hat eine rot-gelbe Krawatte um – so wie die Schüler und Schülerinnen des Hauses Gryffindor, in dem auch Harry Potter seine Schulzeit verbrachte.

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Winterromantik bei Grillenzirpen in Kamenz
Luke Gonzalez Perez trägt dagegen eine grüne Krawatte, und bekennt sich damit zum Hause Slytherin. Dem gehörte auch der dunkle Lord Voldemort an, gegen den Potter immer wieder kämpfen musste. Das Bekenntnis zu bestimmten Häusern oder Charakteren, die Zaubersprüche und die große Begeisterung machen die Harry Potter Fans besonders. “Es ist 20 Jahre her, dass der erste Teil erschien und noch immer treffen wir uns, das ist toll”, sagt Safer.
Viele der Gäste waren vor zwanzig Jahren noch gar nicht auf der Welt. Mädchen mit Zauberhüten und Jugendliche mit Umhang sitzen zwischen Fans älterer Generation im Publikum. Alle lauschen sie den Klängen des Filmorchesters, das von Sergi Cheniak geleitet wird. Bei “The Quidditch World Cup” dirigiert er die dumpfen Klänge der Pauke, zu denen sich rhythmische Trommelschläge und Hymnen aus dem Chor gesellen. Bei “Hogwarts March” animiert das Orchester das Publikum zum Klatschen.
Auch der Dirigent zaubert – nicht nur musikalisch
Die verschiedenen Stimmungen in der Musik machen das Konzert zu einem kurzweiligen. Auf düstere Stücke folgen verträumte Klänge, romantische Ballszenen wechseln sich mit heiteren Liedern ab. Zu dem Grillenzirpen im Park gesellen sich dann auch noch Weihnachts- und Wintermelodien. Vor allem nach der Pause, als es langsam dämmert und die Lichtstrahlen und die animierten Filmszenen an der Leinwand ihre Wirkung zeigen, schafft es das Orchester, die Fans in die Zauberwelt zu entführen.

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Safer, der vor dem Abend wohl den wenigsten ein Begriff war, schafft es, die Fans zu unterhalten, etwa mit einem Quiz. Das Orchester spielt eine Musik, die Fans müssen erraten, zu welchem Charakter diese gehört. Sogar der Dirigent zeigt seine Künste. Mit dem Taktstock zaubert er eine Eule in den Käfig vor sich. Ob es Hedwig, die treue Begleiterin von Harry Potter ist? In der Zauberwelt ist alles möglich.