Meißen: Ein bisschen Kultkneipe für Daheim
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© Norbert Millauer
Von Julian Wolf
Meißen. Über einen großen Besucherandrang von Leuten aus Meißen und von weiter weg, freute sich am Samstagvormittag das 38 Jahre alte Probierstübchen „Zum Loch“ in der Meißner Elbstraße 27. Gastwirt Frank „Franky“ Große hatte hier zum sogenannten Hausflohmarkt eingeladen. Nach der Schließung der Gaststätte zum 30. Juni dieses Jahr, musste alles raus. Der Gastraum war kaum wiederzukennen und mit allen Waren, die zum Verkauf standen, geschmückt. Die Stücke waren sortiert. Auch auf dem Bürgersteig standen noch so einige verkäufliche Highlights parat.
Um zehn Uhr sollte das Trödeln und Feilschen beginnen, doch aufgrund der hohen Besucherzahl, öffnete Frank Große die Türen seiner Probierstube bereits um 9:15 Uhr. „Ich hoffe, dass wir hier noch eine kleine Erinnerung an unser ‚Loch‘ finden werden“, sagten zwei ältere Damen aus dem Meißner Triebischtal. „Ich hatte gelesen, dass schon fast alles reserviert sei“, machten sie sich Sorgen. Tatsächlich waren all die Sammlerobjekte aus der Rubrik “Militär” schon reserviert. Es dauerte auch nicht lange, bis die übrigen Äxte und Pulverhörner aus der Mitte des 19. Jahrhunderts schnell vergriffen waren. Da freuten sich einige. Andere, die zu spät kamen, waren kurz etwas bedrückt.

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Auch im sozialen Netzwerk Facebook äußerten sich zahlreiche Nutzerinnen und Nutzer zum Räumungsflohmarkt. Ein Nutzer schrieb: „Räumungsflohmarkt, in einer der tollsten Kneipen, die ich je besuchen durfte. Hier traf sich die Stadt. Hier fand das Leben statt, wurde geredet, gefeiert, getrunken, gefeilscht. […] Dieses Wochenende endet für Meißen ein Stückchen Geschichte.“
Genug Auswahl gab es aber dennoch. Schallplatten und CDs, Uhren, Trophäen, Gläser, Haushaltsgeräte, Musik- und Karaoke-Boxen, Zinn-Kunst, Tonkrüge, Bilder, gerahmte Sprüche und Zitate, Ferngläser, Taschen, Aschenbecher, antike Bücher, fellbedeckte Rucksäcke, sogar ein massiver Schrank aus Kiefernholz standen unter anderem zum Verkauf bereit — mal mit grünem oder blauem Preisschild und manchmal ganz ohne Label — aber dafür mit meist äußerst witziger, kurzer Verhandlung mit Chef „Franky“ bei Fass- und Flaschenbier. Eine Wohltat für viele bei den warmen Temperaturen am Samstagvormittag.
Ein besonderes Highlight des Flohmarktes war offensichtlich die Sammlung an Meißner Porzellan. Viele Besucher hier fanden die Teller und Tassen kitschig, für andere ließ das Geschirr die Erinnerungen an ihre alte Meißner Stammkneipe wiederaufleben. „Ich werde ein paar der Schalen und Teller mitnehmen“, sagt Irene aus Meißen. „Es ist wie mit den alten Tonkrügen hier im ‚Loch‘, die ich schon gekauft und nach Hause gebracht habe — es ist ein Stück Erinnerung und damit ein Stück der Gaststätte bei mir zu Hause. Und darüber freue ich mich ganz gewaltig.“ Auch die handbemalten Medaillen von Meißen kamen bei den Gästen gut an.

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Und während sich die einen aus sentimentalen Gründen über die Sammlerstücke im „Loch“ hermachten, nutzten andere Interessierte den Hausflohmarkt, um ganz zweckmäßig einzukaufen. „Wasserkocher, Töpfe, Wärmebehälter und Besteck bekomme ich so günstig nie wieder“, erklärte ein Ehepaar. Auch Meißner Wolfgang Lietz — früher einmal im Monat Gast im „Loch“ — erwarb so einen CD-Player mit Radio für nur schlappe zehn Euro.
Da konnten auch so manche Schaulustige nicht widerstehen, wechselten die Straßenseite und „gingen nur mal gucken“. Der eine verließ das „Loch“ mit fünf Schallplatten unter dem Arm, der andere mit drei Bratpfannen in der Hand. „Wir kommen eigentlich aus Brandenburg und wollten eine Weinwanderung machen. Bei dem Wetter fällt sie aber aus, deshalb sind wir jetzt in der Altstadt gelandet“, sagt ein Ehepaar aus Templin und kaufte Tonkunst für Zuhause.
Doch was passiert eigentlich mit den Erlösen des Hausflohmarktes? Das eingenommene Geld soll in die neue Gaststätte namens „Löchlein“ investiert werden. Diese soll noch diesen September in der Marktgasse 5 eröffnen. Nach dem zweiten Hausflohmarkt am Sonntagnachmittag steht für Christiane und Frank Große aber erst einmal etwas anderes auf dem Programm: ein wohlverdienter Urlaub. Mit nur einem Schließtag im Jahr, blieb dafür nämlich früher keine Zeit. Nach der Auszeit in Schweden und Warnemünde, steht dann das neue „Löchlein“ wieder im Vordergrund.