Die persönliche Sternstunde für Larissa Warschkow schlägt im Frühjahr 2023, es ist sozusagen der Ritterschlag für jemanden, der seine Beine, seine Arme, seinen ganzen Körper wahnsinnig gern zum Takt der Musik bewegt. Die 23-Jährige aus Pirna tanzt seit sie fünf ist, 2005 kam sie zur Tanzschule. Janine Pötschke von der Tanzschule „Pötschke-Nebl“ hatte zuvor in Kitas nach Talenten für den Tanzunterricht Ausschau gehalten, für Larissa stand nach dem Kurzbesuch fest: da will ich hin.
Ihre Mama meldete sie an, und sie blieb. Larissa probierte zwischendurch auch anderes aus, Volleyball, Reiten, Fußball, aber nichts von dem entfachte auch nur annähernd so große Freude wie diese eine Leidenschaft. „Tanzen ist und bleibt für mich das Non plus ultra“, sagt sie, „das wollte ich schon immer machen“. Sie tanzte auch schon einmal in der Dresdner Palucca-Schule vor. Sie war stolz, dafür auserwählt zu sein, aber inzwischen froh, dass sie nicht angenommen wurde. Klassisches Ballett ist so gar nicht ihr Ding.
Sie mag es lieber flotter. Zweimal in der Woche geht sie tanzen, in der Showgruppe und in einem normalen Tanzkurs. Seit neuestem tanzt sie auch mit High Heels, dann ist sie in Schuhen mit 8,5 Zentimeter hohen Absätzen unterwegs. In den Kursen schwingen Larissa und ihre Mittänzer ihre Körper gern zu Choreografien berühmter Musik- und Tanzstars, zu internationalen Hits geht es bewegt zur Sache. „Dance4Fans“ nennt sich das Projekt. Und da kommt nun ein gewisser René Peter Baumann ins Spiel.
“Wir waren vor Freude völlig fertig”
Bekannt ist der Schweizer eher unter seinem Künstlernamen DJ Bobo, inzwischen 55, ein Altmeister des Eurodance und einer der wenigen aus dieser goldenen Ära in den 1990er Jahren, der noch immer Musik macht, auf Tour geht und erfolgreich unterwegs ist. In diesem Jahr steht seine Jubiläumstour „Evolution“ auf dem Programm, und wie immer, wenn er die Lande bereist, wollte er auch diesmal dem tanzenden Nachwuchs eine Chance und eine Bühne geben. Er fragte die Tanzschulen ab, die bei „Dance4Fans“ mitmachen. Die Pirnaer bewarben sich mit der einstudierten Choreografie zu seinem Hit „Freedom“.
Wenig später kam die Nachricht: 20 Tänzer aus der Tanzschule „Pötschke-Nebl“ werden für DJ Bobo tanzen, gleich bei allen drei Shows in Sachsen, einmal in Leipzig, zweimal in Dresden. „Als uns das verkündet wurde“, sagt Larissa, „waren wir überglücklich und vor Freude völlig fertig.“
Auf alle Fälle würden sie zu den Titeln „Freedom“ und „There‘s a party“ tanzen, soviel stand fest, eine Woche vor der Show kamen weitere dazu, so studierten die Tänzer auch die Bewegungen zu „Dance dance dance“ und „Keep on dancing“ ein. „Als es dann endlich losging, war das ein tolles Gefühl“, erzählt Larissa, „und wir waren alle so krass aufgeregt.“
Grandiose Auftritte und ein Lob vom Künstler
Fünf Stunden vor der ersten Show trafen sie in Leipzig ein, alle Tänzer sollten komplett weiße Sachen tragen, die sie aber individuell zusammenstellen konnten, dazu goldenen Schmuck, den roten Lippenstift und die Schminke für die geforderten „Smokey Eyes“ bekamen sie von den Tour-Stylisten. Die Tänzer schminkten sich alle selbst.
Gemeinsam mit DJ Bobo gestalteten Larissa und ihre Tanzkollegen den Eröffnungseinmarsch, dazu trugen sie spezielle Fahnen, die sie an bestimmten Stellen im Lied schwenkten, und erst langsam registrierten sie, dass ihnen auf einmal über 8.000 Menschen dabei zusahen. Nach dem Opening war bis zum nächsten Auftritt eine Stunde Zeit, die Tänzer schauten sich derzeit vom Saal aus das Konzert an.
Dann war wieder Tanzen angesagt. Larissa musste dafür auf eine zehn Meter hohe Plattform rauf. Eigentlich hat sie Höhenangst, doch das Adrenalin vertrieb jegliche Furcht. Ganz bewusst genoss sie ihre erhöhte Position, von dort aus konnte sie den ganzen Saal mit dem Publikum überblicken. „Das war echt krass“, sagt sie, „diese Bilder werde ich nie vergessen.“ Die Pirnaer tanzten auch noch zur Zugabe, die Zuschauer feierten die Tänzer und klatschen sie am Bühnenrand ab. DJ Bobo bedankte sich für den tollen Auftritt. „Er ist ein richtig cooler Typ“, erzählt Larissa, „und sehr nahbar, ganz ohne Starallüren.“
Waren die Tänzer in Leipzig noch recht aufgeregt und angespannt, so konnten sie die Konzerte in Dresden genießen. Sie kannten die Abläufe, hatten noch ein paar Kleinigkeiten korrigiert, waren mit allem vertraut. „Man fühlt sich dann wie in einem Rausch“, sagt Larissa, „und vor Tausenden von Menschen zu stehen, macht schon ein bissel süchtig.“ Nach Dresden waren viele Freunde gekommen, sie feierten die Tänzer, die all ihre Leidenschaft und ihr Können auf die Bühne warfen. Von DJ Bobo bekamen die Tänzer später ein großes Lob für ihre Performance.
Auf dem Weg zur Profi-Tänzerin
Die Gefühle waren nicht mehr einzukriegen, alles war sehr emotional, nach dem Konzertschluss in Dresden heulten alle gemeinsam, so schön waren die Momente, all die Bilder, die für die Ewigkeit bleiben, genauso wie die Tanzschritte. „Ich glaube, die Choreografien kann ich noch in 50 Jahren tanzen“, sagt Larissa. Und dann kam es, wie es kommen musste. Der Alltag holte die Tänzer schnell wieder ein. Nach dem Konzert-Höhenflug kam ein kleines Tief, was aber schnell wieder verflog.
Geblieben ist neben den Erinnerungen auch die Musik. Die Lieder von DJ Bobo waren früher nicht so Larissas Fall, aber seit den Auftritten hört sie seine Titel hoch und runter. Dann erlebt sie noch einmal diesen Rausch, dann genießt sie noch einmal die Bilder. Und das besondere Lob vom Eurodance-Altmeister spornt sie an – vor allem in beruflicher Hinsicht.
Zurzeit studiert Larissa noch Pflegemanagement in Zwickau, das Studium schließt sie in Kürze ab. Danach aber will sie sich ganz dem Tanzen verschreiben. Ihr Traum ist es, Profi-Backgroundtänzerin zu werden, auf der Bühne zu stehen. Eine Ausbildung dafür gibt es nicht, entscheidend ist, dass man sich tänzerisch weiterentwickelt. Larissa fährt längst schon ständig zu Workshops nach Leipzig, sie trainiert so viel wie möglich, sie will Erfahrungen sammeln und demnächst auch zu speziellen Tanz-Castings fahren. „Ich weiß, das ist ein hartes Brot“, sagt sie, „aber ich will diesen Weg gehen.“