Tschechien: Sommerfrische mit Thermalbad | Sächsische.de

0 10

Tschechien: Sommerfrische mit Thermalbad

Das Freibad in Brná bietet nicht nur Entspannung, sondern nebenbei einen überwältigenden Ausblick.

Von
Steffen Neumann


 6 Min.

Baden direkt an der Elbe. Wer möchte, kann in Brná bei Ústí auch direkt in den Fluss steigen.
Baden direkt an der Elbe. Wer möchte, kann in Brná bei Ústí auch direkt in den Fluss steigen.
© Steffen Neumann

Mit einem kühlen Cider im Hängekorb am Pool sitzen und auf zwei Wasserflächen blinzeln. Vorn, in der marinblauen planschen die Kinder, dahinter, durch die dunklere, schiebt sich ein Boot mit weißem Segel durchs Bild. Was sich wie Sommerurlaub im Hotel am Meer anfühlt, ist ein Tag im Freibad Brná (Birnai) und die dunklere Wasserfläche im Hintergrund die Elbe. „Die Verbindung zur Elbe ist für uns wesentlich“, sagt Tomáš Vohryzka. Der Chef der Städtischen Dienste Ústí nad Labem (Aussig), zu denen auch die Bäder wie das im Ortsteil Brná gehören, ist sich der einzigartigen Lage dieses Freibads bewusst. Denn der Blick geht nicht nur auf die Elbe, sondern auch das tief in der Böhmische Mittelgebirge eingeschnittene Tal entlang bis zur Burg Střekov (Schreckenstein) und die Hänge hinauf.

„Wir sind nicht nur Freibad, sondern auch Teil des Elbufers, weshalb wir hier eine Elbepromenade eingerichtet haben“, sagt Vohryzka. Er ist noch nicht lange Chef der Städtischen Dienste. Zu seinen ersten Amtshandlungen gehörte, das Ufer frei zu schneiden. Das ist keine Kleinigkeit, wenn man bedenkt, dass sich das Freibad fast einen Kilometer am Elbufer entlang zieht. Nacheinander sind hier drei große Becken aufgereiht: ein Schwimmerbecken mit 50-Meter-Bahnen, was auch schon eine Rarität in Freibädern ist, ein Becken mit Rutsche und ein sogenanntes Relax-Becken. Dazu gibt es auch noch ein Planschbecken für die Kleinsten.

Bäder-Chef David Zich (links) und Tomáš Vohryzka, Direktor der Städtischen Dienste Ústí, in den neuen Liegeschaukelstühlen des Freibads Brná. In Zukunft soll das Bad auch ganzjährig geöffnet sein.
Bäder-Chef David Zich (links) und Tomáš Vohryzka, Direktor der Städtischen Dienste Ústí, in den neuen Liegeschaukelstühlen des Freibads Brná. In Zukunft soll das Bad auch ganzjährig geöffnet sein.
© Steffen Neumann

An einem Ende schließen sich noch Beachvolleyballplätze an. Seit das Ufer freigeschnitten ist, zieht sich ein Weg an der Elbe entlang und ist der Blick auf den Fluss an allen Stellen frei. „Wer möchte, kann auch in der Elbe baden gehen, auch das gehört zu uns. Wir haben sogar eine Anlegestelle“, zählt Vohryzka auf.

Die Erbauer schienen die Lage bereits im Blick zu haben. 1931 eröffnet, war die Staustufe an der Burg Střekov gerade erst im Entstehen. Mit dem Elbesee, der sich hier dank der Stauung bildet, wirkt das Freibad umso eindrucksvoller. Dazu passt der Charakter des Vorortes, wenige Kilometer von Ústí entfernt. Auf alten Postkarten wird der Ort Birnai (Brná) mit dem Zusatz „Sommerfrische“ versehen und auf der Elbe kreuzen majestätisch Dampfer. Anfangs diente das Bad übrigens eher Kurzwecken. Die hier angezapfte Quelle wurde sogar für Trinkkuren verwendet. Für Chef Vohryzka interessanter als der Mineralgehalt ist die Temperatur der Quelle, was ihm gegenüber anderen Freibädern ganz andere Möglichkeiten bietet. „Wir haben schon seit Mitte April geöffnet. Die Wassertemperatur lag am Eröffnungstag bei 27 Grad, aktuell sind es 30“, berichtet Vohryzka. Selbst bei nicht so heißem Wetter kann man sich also auf wohlig warme Wassertemperaturen freuen. „Wir profitieren von riesigen Wasserschichten unter der Erde“, erzählt Vohryzka. Eine Schicht versorgt die berühmte Kurstadt Teplice (Teplitz) mit Heilquellen. Über Thermalquellen verfügen auch Děčín (Tetschen) und Litoměřice (Leitmeritz). „In unserem Bad haben wir insgesamt zwei“, sagt Vohryzka.

Abschied vom Massenbetrieb

Die haben ihn und den Bäderchef David Zich auf die Idee mit dem Ganzjahresbetrieb gebracht. „Wir wollen das dieses Jahr das erste Mal testen“, sagt Zich. Die Voraussetzungen wurden dafür mit einem neuen Eingang geschaffen, der nicht mit Personal besetzt ist. „Uns ist klar, dass wir damit nicht die Massen ansprechen, wofür sich der Personaleinsatz nicht lohnen würde“, sagt Vohryzka. Deshalb soll nur das Relaxbecken geöffnet sein. Das ist auch dem neuen Eingang am nächsten. Tickets kaufen Gäste entweder gleich über eine App oder am Automaten. Der Eingang öffnet sich durch Zeigen des Tickets dann automatisch.

Der neue Eingang hat noch einen Vorteil. Damit öffnet sich der Blick auf das Bad von der anderen Seite. „Da sahen Passanten bisher nur eine große Mauer. Das möchten wir ändern“, kündigt Vohryzka an. Das ist umso wichtiger, weil direkt am Bad vorbei der Elberadweg verläuft. „Da konnte es bisher gut passieren, dass man gar nicht bemerkte, dass man bei uns vorbeifährt“, sagt Vohryzka. Diese Abgeschlossenheit ist auch der jüngeren Vergangenheit des Bades geschuldet. In den 1970er-Jahren sollte das Bad für bis zu 9.000 Besucher ausgebaut werden. Es entstand entlang des heutigen Elberadwegs eine breite Front aus Umkleidekabinen, auf denen sich Liegeterassen befanden, die heute kaum noch genutzt werden. Aus dieser Zeit stammt das riesige Gebäude am Eingang, wo eine große Selbstbedienungsgaststätte mit entsprechend großer Küche untergebracht war. „Das passt natürlich nicht mehr in die heutige Zeit“, sagt Vohryzka. Dazu kommt, dass sich ausgerechnet dieses Gebäude in Privatbesitz befindet.

Eigentlich sollte es von der Stadt längst abgekauft sein, aber seit Jahren kann man sich nicht auf den Preis einigen. „Immerhin ist das Gebäude nicht mehr abgesperrt. Darauf konnten wir uns mit den Eigentümern verabreden“, sagt Vohryzka. Er weiß, dass die Besucher nicht von allein kommen. An heißen Tagen sind es 800-900 Leute. Heute gibt es in und um Ústí viel mehr Bademöglichkeiten. Dazu gehört auch der Tagebausee Milada. Vohryzka versucht, die Besucher mit bestmöglichem Service zu gewinnen und zu halten. „Dazu gehört eine hohe Wasserqualität, Sauberkeit, gepflegte Rasenflächen, aber auch eine gute Essensversorgung“, sagt Vohryzka. Öffentliches W-LAN ist wie fast überall in Tschechien schon fast Selbstverständlichkeit.

Ideen für Caravan und Marina

Die überschüssigen Kabinen werden nach und nach in einen überdachten Streifen entlang der Becken umgewandelt. „Im Winter stelle ich mir hier Heizpilze vor. Wenn man also die 3-4 Meter aus dem warmen Wasser kommt, hat man es gleich wieder warm“, lässt Vohryzka an seinen Ideen teilhaben, die auch eine Sauna vorsehen. Außerdem plant er, ein noch nicht genutztes Grundstück am Nordende zum Caravan-Stellplatz auszubauen. Für die fernere Zukunft kann er sich auch eine Marina vorstellen. „Dafür bräuchten wir sehr viel Geld, aber wir arbeiten daran“, sagt Vohryzka. Zumindest eine kleine Variante des Stellplatzes hofft er, bereits im nächsten Jahr umzusetzen.

Wer Glück hat, kann schon heute im Hängekorb dösen, und es kommt wie vor 90 Jahren ein Dampfer vorbei geschnauft.

Leave A Reply

Your email address will not be published.

AP Sohbet Register Hosting