Zittau: Brandheißes Wochenende im ganzen Kreis Görlitz

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Brandheißes Wochenende im ganzen Kreis Görlitz

Von der Muskauer Heide bis ins Zittauer Gebirge herrscht derzeit die allerhöchste Waldbrandgefahr – für die freiwilligen Feuerwehrleute eine riesige Belastung.

Von
Jana Ulbrich


 5 Min.

Das Foto dieses erschöpften Feuerwehrmannes ging durch die Medien:  Es entstand beim großen Waldbrand im vorigen August im Zittauer Gebirge.
Das Foto dieses erschöpften Feuerwehrmannes ging durch die Medien: Es entstand beim großen Waldbrand im vorigen August im Zittauer Gebirge.
© Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Beim jüngsten Großeinsatz Anfang Juli läuft alles wie aus dem Lehrbuch: Dabei sitzt der Schreck im ersten Moment tief, als Holger Heckmann an jenem Freitagnachmittag auf dem Truppenübungsplatz in Weißkeißel eintrifft. “Als ich gesehen habe, dass die Flammen schon meterhoch bis in die Baumwipfel schlugen, da dachte ich, das war’s”, schildert der Chef des Sachgebiets Brand- und Katastrophenschutz im Görlitzer Landratsamt. Doch zum Glück kommt es anders.

Den Freiwilligen Feuerwehren aus Weißkeißel und den umliegenden Orten kommen die Bundeswehr und die Feuerwehr der Leag zu Hilfe. “Das war eine Zusammenarbeit, wie sie im Buche steht, ein beispielhafter Einsatz”, lobt Heckmann, der auch stellvertretender Kreisbrandmeister ist. Der Waldbrand auf dem Truppenübungsplatz kann schnell in Schach gehalten und gelöscht werden, ein Hektar vielleicht ist verbrannt.

Der Brand am 7. Juli bei Weißkeißel ist bereits der zwölfte Waldbrand in diesem Jahr im Landkreis Görlitz. “Für die freiwilligen Feuerwehrleute ist das jedes Mal eine riesige Belastung – bei dieser Hitze, in den schweren Monturen”, weiß Holger Heckmann. “Davon macht man sich kaum eine Vorstellung.” Vielleicht lässt es sich erahnen beim Blick auf dieses Foto eines total erschöpften jungen Feuerwehrmanns, das ein SZ-Fotograf während des verheerenden Waldbrands im vorigen August im Zittauer Gebirge einfing, und das danach durch die Medien ging.

Und wieder sind alle Feuerwehrleute im Kreis Görlitz in Alarmbereitschaft: Im gesamten Kreis Görlitz herrscht derzeit die allerhöchste Waldbrandgefahr. “Ein Funke genügt”, weiß Heckmann. Die Situation ist so brenzlig wie lange nicht mehr. Der Boden ist bis in tiefere Schichten regelrecht ausgetrocknet. “Wer jetzt durch den Wald läuft, der wirbelt Staub auf, das ist schon äußerst ungewöhnlich.”

Auch kurze Regenschauer ändern nichts an der Situation, selbst wenn es mal stärkere Schauer sind. Sie bleiben kurz und örtlich begrenzt. Mancherorts ist in den letzten Tagen kein einziger Tropfen gefallen. Die Flüsse und Bäche führen Niedrigwasser, die Grundwasserstände liegen an acht von zehn Messstellen im Kreis Görlitz unter den monatstypischen Mitteln. Mancherorts steht das Grundwasser um bis zu einem Meter tiefer als normalerweise um diese Jahreszeit, im Durchschnitt um 27 Zentimeter.

“Das Wasserdefizit aus den vergangenen trockenen Jahren ist noch längst nicht ausgeglichen”, sagt Holger Heckmann. “Und gerade im Wald kommt das bisschen Regen überhaupt nicht auf dem Boden an.”

Immer wieder Unverstand und Leichtsinn

Wer oder was den Waldbrand am 7. Juli auf dem Truppenübungsplatz ausgelöst hat, ist noch unklar. Nur eins ist gewiss: Von alleine hat sich das Feuer nicht entzündet. Die allermeisten Waldbrände entstehen durch Brandstiftung – vorsätzlich oder fahrlässig, weiß der Kreisbrandmeister. Manchmal ist es auch ein Blitz. “In letzter Zeit war das gar nicht mal so selten”, sagt Heckmann. Zwei Einsätze nach einem Blitzeinschlag hat es im Norden des Kreises bereits gegeben.

30 Mal wurden die Feuerwehren im Kreis Görlitz in diesem Jahr schon zu Wald-, Feld- und Flächenbränden gerufen, darunter alleine zwölf Waldbrände. Und oftmals ist es Unverstand und Leichtsinn, ärgert sich Holger Heckmann. In Schöpstal ist ein Haus abgebrannt, weil ein Bewohner das Unkraut mit dem Gasbrenner beseitigen wollte. In Nieder Seifersdorf konnte ein Feldbrand gerade noch verhindert werden. Anwohner hatten am Feldrand in einer Feuerschale Feuer gemacht. Und für einen Waldbrand bei Boxberg im Mai sollen zwei 14-Jährige verantwortlich sein, die an zwei Stellen Feuer gelegt hatten.

Holger Heckmann weiß nicht mehr, was er da noch sagen soll. “Wir können nur immer wieder an den Verstand und die Vernunft der Leute appellieren”, sagt er. Das Görlitzer Kreisforstamt hat auf seiner Internetseite eine Warnung herausgegeben und Verhaltensregeln aufgeführt, die eigentlich selbstverständlich sein sollten: im Wald nicht rauchen und kein Feuer machen, Waldwege nicht zuparken und Autos nicht am Waldrand, sondern auf ausgewiesenen Parkflächen abstellen.

Ein generelles Betretungsverbot für die Wälder besteht im Landkreis vorerst nicht. Allerdings dürfen die Waldwege nicht verlassen werden. Und wer irgendwo im Wald Rauch aufsteigen sieht, wird gebeten, sofort die Notrufnummer 112 zu wählen und möglichst vor Ort als Lotse für die Feuerwehren zu fungieren. “Das ist wichtig, damit wir schnell am richtigen Ort sind”, sagt Holger Heckmann – auch wenn sich die Rauchwolke vielleicht als Staubwolke entpuppt. “Lieber einmal zu viel als zu spät ausgerückt”, sagt der Kreisbrandmeister.

Feuerwehren sind jetzt besser vorbereitet

Nach den verheerenden Waldbränden im vorigen Jahr in der Sächsischen Schweiz, im Zittauer Gebirge und im Norden des Landkreises sind die Feuerwehren jetzt um viele Erfahrungen reicher – auch um neues Einsatzmaterial, neue Löschwasserbehälter, neue Fahrzeuge, neue Workflows und Einsatzpläne. “Es reicht noch nicht, aber wir sind auf dem Weg”, so schätzt es Holger Heckmann ein. “Wir haben aus den Erfahrungen viel gelernt.”

Aber es brauche Zeit für die Beschaffung und Finanzierung neuer, auch für Waldbrände tauglicher Einsatzfahrzeuge. “Der Freistaat will 30 Millionen Euro investieren”, sagt der stellvertretende Kreisbrandmeister. Wie viel davon der Kreis Görlitz bekommt, weiß er aber noch nicht. Was er aber sieht, ist eine neue Qualität der Zusammenarbeit – so wie kürzlich beim Waldbrand auf dem Truppenübungsplatz. Ein Beispiel nennt Heckmann auch aus Weißwasser: Der dortige DRK-Kreisverband hat mit Spendengeldern ein Quad angeschafft. Das steht künftig auch der Feuerwehr bei Waldbränden zur Verfügung. “So kann es gehen”, sagt Heckmann. Im Stillen aber hofft er, dass die Feuerwehr das Quad nicht brauchen wird.

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