Wird Zittaus Stadtgärtnerei zum Erlebnisort?

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Das Gewächshaus der Zittauer Stadtgärtnerei ist in die Jahre gekommen. Regelmäßig geht die Beschattung kaputt, werden Dichtungen der Scheiben porös, schildert der Geschäftsführer der Städtischen Dienstleistungs GmbH (SDG), Daniel Brendler. Auch die Heizungsanlage macht ihm zunehmend Sorgen, gilt als sanierungsbedürftig. Vorigen Winter musste das Gewächshaus kalt bleiben, aufgrund der Energiekrise gespart werden. Als Folge konnten die SDG-Mitarbeiter dieses Jahr nur die nötigsten Pflanzen heranziehen, für die Blumenuhr und repräsentative Beete. Sie waren in der Zeit im Bauhof am Villingenring untergebracht, der im ehemaligen Armeegelände liegt – ein Rückbau-Gebiet. Dort hat Daniel Brendler “massive Probleme” mit den Dächern der Hallen, teilweise besteht Einsturzgefahr. Manche sind deshalb schon gesperrt, einige Hunderttausend Euro in die Gebäude geflossen.
Beide Objekte sind im Eigentum der Stadt. Aufgrund der Situation erwägt diese, Bauhof und Stadtgärtnerei an einem Standort zusammenzuführen. Wann und wo das passiert, ist allerdings noch völlig unklar. Trotzdem wünscht sich der Geschäftsführer für diesen Fall schon mal, dass die seit 1927 bestehende Stadtgärtnerei mit Büro- und Sanitärgebäude, Werkstätten und Garagen dann “nicht vor sich hin vegetiert und verfällt”. Den letzten Höhepunkt erlebte sie zur Landesgartenschau 1999, seither steht auch das damals als Blumenhalle genutzte Gewächshaus dort. Durch die Lage im Westpark mit Mandau, Radweg, Stadion und Spielplatz in der Nähe sieht Daniel Brendler Potenzial für das Gelände. Eine Nachnutzung ist nach seiner Sicht auch im Interesse der Kollegen, die am Standort hängen.
Wie die aussehen kann, darüber hat sich Ulrike Neumann vom Oppacher Planungsbüro Neuland Gedanken gemacht und Wünsche eingearbeitet. Dem voraus ging das Entwicklungskonzept für Westpark und O-See, das sie im März den Stadt- und Gemeinderäten von Zittau und Olbersdorf vorstellte. Die Mitglieder beschlossen Ende 2020, die Freizeit- und Erholungsgebiete gemeinsam zu betrachten und voranzubringen. Seitdem treffen sich Arbeitsgruppen, laufen Ideenkonferenzen und Workshops mit Bürgerbeteiligung. In das Konzept unter dem Motto “Mein Park, mein Fluss, mein See” flossen 78 Ideen ein. Die meisten sind nördlich verortet und reichen vom Reiterhof mit Beherbergung über ein Hostel mit Caravan-Stellplatz und Mitmach-Museum bis zum Skywalk. Im Süden werden vor allem Aussichtspunkte gewünscht. Über ein Viertel der Vorhaben ist allerdings abhängig von einem Bebauungsplan.
Nicht so die Stadtgärtnerei, die zu einem Erlebnisort entwickelt werden soll. Die Idee erhielt unter allen Vorschlägen den meisten Zuspruch. Ulrike Neumann hat sich deshalb zum Start näher mit dem Projekt beschäftigt, neben einer generellen Bauleitplanung für O-See und Westpark. “Zurecht”, wie die Landschaftsplanerin findet. Der Grund ist die zentrale Lage des erschlossenen Areals, welches sich nach ihrer Aussage in einem verhältnismäßig guten Zustand befindet und für das keine Hochwassergefahr besteht. Dort lassen sich laut Ulrike Neumann viele Funktionen und Ideen kombinieren, weshalb sie die Stadtgärtnerei als Filetstück bezeichnet.
So könnte das Gelände einmal aussehen:
So sieht ihr Entwurf ein Restaurant, Café sowie Veranstaltungen in den Gebäuden vor, in dem das Gewächshaus als Ausstellungshalle dient. “Man kann hier sehr kreativ sein”, sagt die Landschaftsplanerin. Sogar als Lokalität für Hochzeiten ist die Stadtgärtnerei für Ulrike Neumann denkbar “Viele suchen das Einzigartige”, meint sie. Der Garten bietet sich aus ihrer Sicht für Kunst und Kultur an, das jetzige Regenwasserbecken lässt sich dafür renaturieren. Hinzu kommt ein öffentliches WC, das bislang im Westpark fehlt. Zudem schlägt sie vor, das Areal zur Mandau hin zu öffnen: Mit einem Biergarten und Imbiss, denn bislang fehlen am vorbeilaufenden Radweg entsprechende Rastplätze. Deshalb sind auch Sitzterrassen an beiden Ufern vorgesehen, ebenso eine Überquerung des Flusses zu Fuß – naturnah oder architektonisch gestaltet, gegebenenfalls beleuchtet. Das Ziel: Darüber eine Verbindung zwischen Westpark und O-See zu schaffen.
Für Zittaus Oberbürgermeister Thomas Zenker (Zkm) hat die Stadtgärtnerei einen identitätsstiftenden Charakter. Es sei ein Ort, mit dem viele Menschen positive Erinnerungen verbinden, sagt er und sieht in dem Projekt eine interessante Möglichkeit, Neues zu gestalten: Indem Altes bewahrt und kreativ ergänzt wird. “Neugier wie auch der Wohlfühlfaktor sind wichtige Grundlagen für Gastronomie”, meint Thomas Zenker. So könnte im Westpark ein ganz besonderer Ort entstehen.
Auch Olbersdorfs Bürgermeister Andreas Förster (parteilos) findet die Idee erfrischend. Sie unternehme mit dem Erhalt des Gebäudekomplexes den Versuch, die historische Rolle Zittaus als Gärtnerstadt in Erinnerung zu halten und gleichzeitig Raum für Entwicklungen sowie Angebote zu geben, die “en vogue” seien. “Was hoffentlich der Steigerung der Lebensqualität und dem Wohlbefinden unserer Einwohner genauso Rechnung trägt, wie den zunehmenden Ansprüchen unserer Besucher und Gäste”, so Andreas Förster. “Wir haben es gemeinsam in der Hand, etwas zu entwickeln”, sagt er und rechnet noch mit einem längeren, spannenden Prozess.